2010 hat „MANN Naturenergie“ einen Film drehen lassen, der auf die Missstände der Energieversorgung aufmerksam machen sollte. Jetzt sind – als augenzwinkernde Erinnerung daran – einige der damaligen Szenen aktualisiert worden. Im Interview mit Uwe Schmalenbach spricht der geschäftsführende Gesellschafter des Westerwälder Energieversorgers, Markus Mann, darüber, warum die Filmproduktion 15 Jahre später noch immer ihre Daseinsberechtigung hat.
Markus Mann (links) in einer Szene der 2025er Film-Neufassung. Der Unternehmer hofft, dass bis zu einer möglichen dritten Auflage von „MIB“ nach weiteren 15 Jahren bidirektionales Laden üblich sein wird.
Vor 15 Jahren haben Sie einen Film drehen lassen, der den Namen „MIB“ bekam, und darin selbst einen der zwei Darsteller gespielt. „MIB“ stand jedoch nicht für „MEN IN BLACK wie in der bekannten Spielfilmreihe, an die das Video von „MANN Naturenergie“ gestalterisch angelehnt wurde, sondern für „MANN ist bereit“. Was hatte Sie bewogen, so einen Film produzieren zu lassen?
Wir kamen uns im Unternehmen teilweise so vor, wie diejenigen, die etwas gegen das Wirken „Außerirdischer“ tun müssen – so wie die „MIB“ in den original Science-Fiction-Kinofilmen. Diese „Außerirdischen“ waren für uns jedoch Leute wie Putin, Schröder und andere. Hinzu kam das Drama um das Atommülllager Asse (Anm. d. Red.: In dem ehemaligen Salzbergwerk wurden, zum Teil illegal, Tausende Fässer radioaktiver Abfall eingelagert, die in den nächsten Jahren herausgeholt werden müssen, da das Lager undicht ist). Dass es da ein komplett ungeeignetes Atommülllager gibt, hat uns so bewegt, dass wir gesagt haben, wir wollen gegen solche Umweltrisiken kämpfen. Unser Gedanke war: Wer Grünstrom bei uns kauft, hat etwas dagegen getan, dass weiter Atomstrom erzeugt wird und erneut gefährliche Abfälle anfallen.
Und wie wurde diese Idee zur MANN-Version von „MIB“?
Investitionen, um bei der eigenen Energienutzung besser zu werden: Die PV-Module an den Pelletsilos gab es 2010 noch nicht.
Es war eben die Zeit, in der die „MEN-IN-BLACK“-Filme in den Kinos liefen (Anm. d. Red.: Die drei Erfolgsstreifen mit Tommy Lee Jones und Will Smith in den Hauptrollen erschienen 1997, 2002 und 2012). Die waren einfach cool! Und wir haben uns gedacht, das bekommen wir irgendwie auch hin, vielleicht können wir ein Stück weit eine Parodie darauf machen.
Wie ist die Lage heute, 15 Jahre nach Ihrem ersten Filmdreh?
Bei der Asse hat sich noch immer nichts getan, man spricht davon, die Fässer – frühestens – ab 2033 bergen zu wollen. Der Putin ist auch immer noch da, Schröder hat weiter seine Kontakte nach Russland. Man scheint das Gefühl haben zu müssen, es wäre nicht wirklich viel besser geworden.
Und trifft dieses Gefühl Ihrer Meinung nach zu?
Nein, es ist in den 15 Jahren einiges besser geworden in Bezug auf die Umwelt und eine ökologische Energieversorgung.
Es musste Ihnen ja seinerzeit auch klar sein, dass man als Westerwälder Unternehmen mit einem eigenen Film nicht die ganze Welt verändern oder verbessern kann. Aber Sie haben die Zeit seither genutzt, um im Unternehmen besser zu werden, was die Energienutzung angeht, oder?
Ja. Also wir haben garantiert jeden einzelnen Euro, den wir verdient haben, wieder ausgegeben – und zwar für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zudem haben wir das Unternehmen kräftig weiter verändert und gestärkt. Ich glaube, wir waren damals, als der Film entstand, 25 bis 30 Mitarbeiter. Heute sind wir 100. Wir wollen ja im Grunde immer aufzeigen, welche neuen Ansätze funktionieren können. Bei der E-Mobilität zum Beispiel, und immer verbunden mit der Aussage: „Macht es uns bitte nach!“ Denn allein schafft man natürlich keine großen, globalen Veränderungen. Aber als Westerwälder lebt man im Sinne von Raiffeisen: „Was einer allein nicht vermag, das schaffen viele.“ Und somit müssen wir die Menschen irgendwie motivieren, ihrerseits ebenfalls etwas zu tun.
Stichwort Veränderung: Im damaligen Video fahren Sie mit einem Diesel-Lkw Pellets aus, im aktuellen Nachdreh (siehe Video „MANN ist bereit 2025“) fahren sie vollelektrisch.
Klar! Inzwischen haben wir, was Windkraft, Solarenergie und Biomasse angeht, bei uns am Standort bilanziell eine 100-prozentige Autarkie, also Unabhängigkeit von anderen Energieerzeugern. Physikalisch sind wir so bei rund 80 Prozent. Und da wollen wir ebenso motivieren, dass jeder einzelne schaut, wie er sich seinen Strom selbst machen kann.
Im Westerwälder Unternehmen hat sich in den 15 Jahren viel verändert. Rollt im 2010er-Film noch ein Diesel-Lkw durchs Bild, benutzen Markus Mann (vorne) und Reinhard Weiß im Neudreh einen E-Lkw, wie sie bei den „Westerwälder Holzwerken“ (WWHW) längst üblich sind bei Pelletlieferungen.
Demnach sind die jetzt nachgedrehten Filmszenen auch als Beispiel gedacht, das zeigt, was funktionieren kann?
Sie sind ein Stück weit ein Zeichen, dass wir immer noch da sind und weiterhin für die gleiche gute Sache kämpfen. Und jeder unserer Kunden, der mit uns „kämpft“ – indem er Energie über uns bezieht oder uns weiterempfiehlt – arbeitet mit daran.
Guckt man in Statistiken des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2010, war Braunkohle damals Haupt-Energieträger der Stromerzeugung in Deutschland. Inzwischen liegt die Windenergie nach den 15 Jahren, die seither vergangen sind, auf dem ersten Platz. Zeigt das nicht, dass die Entwicklung, die in Ihrem Unternehmen stattgefunden hat, genauso gesamtgesellschaftlich läuft?
Ja. 2010 war noch Kernenergie nach der Braunkohle auf Platz zwei, Steinkohle auf Platz drei und Erdgas auf Platz vier! Heute ist Windenergie, wie Sie sagen, Platz 1. Und die Photovoltaik dürfte 2025 die Braunkohle überholt haben und ebenso das Erdgas. Solche Entwicklungen machen einfach Hoffnung! Aber Stromerzeugung ist das eine – zur Energiewende gehören gleichermaßen eine Verkehrswende und der Umbau im Gebäudeenergiesektor. Beim Verkehr haben sich leider Lobbyisten durchgesetzt, und nicht die Wissenschaft.
Wie meinen Sie das?
Es ist doch beispielsweise verplemperte Zeit, über ein „Verbrenneraus“ zu diskutieren! Ein Verbrenneraus ist Quatsch. Postkutschen und Dampfloks wurden nie verboten, aber sie sind trotzdem verschwunden, weil sie einfach durch bessere Technologien abgelöst wurden. Die einst so geschätzte Handymarke „Nokia“ ist nie verboten worden, sondern durch modernere Smartphones überflüssig geworden.
Doch die erneuerbaren Energien stehen im Ruf, die Herstellungskosten zu verteuern und international zum Wettbewerbsnachteil für Deutschland zu führen. Sie arbeiten im IHK-Industrieausschuss mit: Ist es wirtschaftlich überhaupt dauerhaft möglich, als „Westerwälder Holzwerke“ (WWHW) auf ökologische Produktionsverfahren zu setzen und sich dennoch gegen internationale Wettbewerber durchzusetzen, die ebenfalls Holz in Deutschland verkaufen?
Wir haben inzwischen sogar einen Wettbewerbsvorteil durch Erneuerbare!
Wie das?
Weil wir schon so weit sind, die Investitionen längst getätigt haben, die anderen noch bevorstehen. Mit unserem Großspeicher zum Beispiel: Die Batterie wird erweitert. Wir werden ab Januar zusätzlich fünf Megawattstunden Kapazität hinzubekommen (Anm. d. Red.: bislang gibt es bereits 1,4 Megawattstunden), um noch besser zu werden. Diesen Schritt muss man eben gehen, denn wenn man nicht losgeht, kommt man nicht an. Wir sind halt früher gestartet, aber ich möchte auch andere animieren, mitzumachen. Denn Sonne und Wind sind heimische und krisenfeste Energiequellen.
Seit der ersten Filmfassung sind wie geschildert 15 Jahre vergangen. Was sehen wir in einer dritten Filmversion, wenn Sie das Video in 15 Jahren abermals aktualisieren würden?
Dann habe ich garantiert keine Haare mehr! Es ist ja schon ein bisschen dünner geworden… (lacht) Ich hoffe, dass ich in 15 Jahren noch agil sehen kann, wie sich das Unternehmen weiter entwickelt hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass niemand den Menschen vorschreiben kann, wann und wie viel Urlaub sie machen sollen, wofür sie ihr Geld ausgeben, wohin sie fliegen. Wir müssen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass wir grundsätzlich grüne, heimische Energie bevorzugen. Einfach kostenorientiert – erneuerbarer Strom ist heute viel günstiger als fossiler Strom, auch volkswirtschaftlich betrachtet. Da ist der Gesetzgeber gefragt: „Steuern“ kommt ja von lenken, und wenn man über ein Steuersystem etwas lenkt, kann man entsprechend ansetzen.
Wie konkret?
Nicht Flugtickets weniger besteuern, sondern Bahntickets über einen reduzierten Mehrwertsteuersatz verbilligen. Man muss auch Maßnahmen wie das bidirektionale Laden staatlich freischalten. So dass jeder, der möchte, seinen Elektro-Pkw als heimischen Speicher nutzen kann und den Strom, den er tagsüber irgendwo auf einem Parkplatz „eingesammelt“ hat, mit nach Hause nehmen und da verwenden kann.
Sind Sie auf die Aussagen, die Sie mit den MANN-Filmen treffen wollen, eigentlich angesprochen worden, von anderen Unternehmern etwa?
Markus Mann ist davon überzeugt, dass die Klimaneutralität bis 2045 gelingen wird. Fotos: Schmalenbach
Das Schöne ist, dass wir nicht mehr als „grüne Spinner“ betrachtet werden, da sind wir raus. Diese erste Phase haben wir hinter uns gelassen. Wir haben inzwischen viele Kunden sowie Geschäftspartner, die in die gleiche Richtung aufgebrochen sind. Ich habe gerade erst die Einweihung eines neuen Pelletwerkes in Baden-Württemberg besucht. Dort werden E-Lkw während der Pelletverladung mit 400-KW-Hochleistungs- ladesäulen direkt neben der Waage für die Fahrzeuge mit Strom versorgt. Und der kommt aus einem Biomassekraftwerk des besagten Standortes in Baden-Württemberg. Das ist doch faszinierend, dass so etwas bei Neuvorhaben fast schon Standard ist!
Was haben Sie persönlich in den nächsten 15 Jahren vor?
Ideen habe ich für 100 Jahre, ich muss aber aufpassen, dass ich alles nacheinander erledigt bekomme. Da laufen mir die Jahre davon, aber es scheint ja im Familienunternehmen bei uns mit der nächsten Generation weiterzugehen, so dass ich hoffe, dass MANN nach den ersten 100 Jahren weitere 100 Jahre aktiv sein wird. Was aber in 15 Jahren beispielsweise schon erreicht sein wird, das ist, dass wir beim Stromhandel unsere Kunden, die eine Solaranlage auf dem Dach und ein E-Auto haben, in unseren Strombilanzkreis integrieren und ihren Akku im Auto ansteuern können, um darin gespeicherten Strom zu übernehmen, wenn er gebraucht wird. Da steckt viel Spannendes dahinter, um unser Stromnetz 100 Prozent klimaneutral machen zu können. In 15 Jahren haben wir 2040; 2045 soll die Klimaneutralität in Deutschland erreicht sein, und ich bin guter Dinge, dass wir das hinbekommen.
